To-Do-Liste: Produktivitäts-Booster oder Handbremse?

Ein Notizblock mit einer langen To-Do-Liste, die von einer Person mit einem Kuli eingetragen wird.

Wer kennt sie nicht? Ob hand­schrift­lich ver­fasst oder digi­tal abge­spei­chert, To-Do-Listen sind seit eini­gen Jah­ren wirk­lich all­ge­gen­wär­tig. Mitt­ler­weile gibt es ganze Pro­gramme, die sich ein­zig und allein auf die Erstel­lung und Orga­ni­sa­tion sol­cher Pro­duk­ti­vi­täts­hel­fer spe­zia­li­siert haben. Doch wo liegt der Nut­zen von To-Do-Listen und sind sie viel­leicht eher Stö­rer statt Helfer?

»Ich schreib’s auf meine To-Do«

Wer To-Do-Listen führt, ist im Trend, Busy (neu­deutsch für »beschäf­tigt«) und sowieso einer der ganz Wich­ti­gen – zumin­dest für sich selbst. Wer hat es noch nicht erlebt, dass man dem ver­ehr­ten Kol­le­gen eine Auf­gabe anver­traut und einem der Spruch: »Ich schreib’s mir auf die To-Do!« ent­ge­gen­schlägt? Schön, dass der Kol­lege es sich auf seine To-Do-Liste schreibt, doch wäre es mir lie­ber, wenn ich davon aus­ge­hen könnte, dass er diese Auf­gabe auch erle­digt, statt sie in seine heil­los über­füllte Liste zu schrei­ben, die eher an einen Ein­kaufs­zet­tel einer sie­ben­köp­fi­gen Fami­lie erin­nert – nur eben täglich.

Ist der Sinn der To-Do-Liste verloren gegangen?

Auch wenn es in die­sem Bei­trag so klin­gen mag, aber ich bin ganz und gar kein Feind von To-Do-Listen oder ande­ren Hel­fern, die einem dabei hel­fen den Arbeits­all­tag bes­ser zu struk­tu­rie­ren. Jedoch bekomme ich mitt­ler­weile das Gefühl, dass das Wort »To-Do« für viele bedeu­tet: »Ich schreib es mir auf, damit ich spä­ter beim To-Do-Listen-Vergleich den Größ­ten habe!« Wich­tig zu klin­gen, ist heute schein­bar wich­ti­ger gewor­den, als Dinge zu erle­di­gen. So wer­den mit vor Stolz geschwell­ter Brust die total über­füll­ten To-Do-Listen abfo­to­gra­fiert und auf sämt­li­chen sozia­len Kanä­len ver­brei­tet, nur um den Mit­men­schen zu zei­gen, was für ein Business-Hecht man zu sein scheint. Das eine über­füllte To-Do-Liste für das Gegen­tei­lige spricht und mich eher zu der Frage ver­lei­tet: »Orga­ni­sie­ren war noch nie dein Ding, oder?« sei jetzt mal dahingestellt.

Je größer die List, desto weniger produktiv.

Was im Design schon lange bekannt und mitt­ler­weile sogar zur Trend­form avan­ciert wurde, scheint sich bei der Erstel­lung von To-Do-Listen schein­bar noch nicht ganz durch­ge­setzt zu haben. Jedoch gilt nicht nur bei der Gestal­tungs­ar­beit »Less is More«. Auch die täg­li­che To-Do-Liste pro­fi­tiert von weni­gen, aber klar defi­nier­ten Punk­ten. Ein Tag hat nur 24 Stun­den und auch wenn ich das Grö­len eini­ger »Busy-People« schon von wei­tem höre: Es ändert nichts an die­ser Tat­sa­che. Was sich jedoch ändern kann, ist die täg­li­che Pro­duk­ti­vi­tät. Man muss kein Mathe­ma­ti­ker sein, um zu wis­sen, dass täg­lich 30 Punkte auf der Liste schlicht­weg nichts brin­gen, außer einem fah­len Geschmack bei Fei­er­abend, da die Hälfte der Punkte noch unbe­ar­bei­tet vor einem steht. Viel bes­ser ist es, sich einer maxi­ma­len Anzahl von Punk­ten pro Tag zu wid­men und bei Bedarf einen wei­te­ren Punkt hin­zu­zu­neh­men. Hat man sich fünf Punkte auf die heu­tige Liste geschrie­ben und diese geschafft, ist es ein weit­aus erfül­len­de­res Gefühl, als hätte die Liste noch wei­tere 25 uner­le­digte Punkte, die nicht erle­digt wurden.

Listenpunkte zusammenlegen.

Pro­gramme zum Erstel­len und Ver­wal­ten von To-Do-Listen gibt es mitt­ler­weile wie Sand am Meer. So gut wie alle brin­gen Sie eine Anzahl von Zusatz­op­tio­nen mit, mit denen sich die eigene To-Do-Liste ergän­zen, viel mehr aber ver­kom­pli­zie­ren lässt. So ver­füh­ren diese Pro­gramme dazu, bei­nahe jeden Schritt, von der Öff­nung des Pro­gramms bis zum Abspei­chern im rich­ti­gen Datei­for­mat, als Sub-Task ein­zu­tra­gen. Schnell wird so aus einer 5-Punkt-Liste eine unüber­sicht­li­che und über­mäch­tige Liste, da jeder Schritt einen eige­nen To-Do-Punkt dar­stellt. Ab und an machen sol­che Sub-Tasks sicher­lich Sinn, jedoch gilt auch hier die Devise: Weni­ger ist mehr!

Den kommenden Tag im vorhinein planen.

Was erle­dige ich wann und wieso? Diese Frage ist bei der Erstel­lung von To-Do-Listen defi­ni­tiv einer der wich­tigs­ten die man sich stel­len muss. Wer jemals mor­gens am Schreib­tisch saß und sich dachte: »Was wollte ich heute eigent­lich noch mal erle­di­gen?«, dem sei gera­ten, sich die To-Do-Liste für den kom­men­den Tag schon am Abend anzu­le­gen. Es erspart einem nicht nur viel Zeit am kom­men­den Mor­gen, son­dern lenkt den Fokus der Arbeit direkt und ziel­ge­rich­tet auf eine Auf­gabe. Wich­tig ist hier­bei, die schwie­rigs­ten Punkte oben auf die Liste zu schrei­ben und diese direkt am Mor­gen zu erle­di­gen, wenn man noch über die nötige Kraft für diese Auf­ga­ben verfügt.

Neue To-Do-Punkte organisieren

Im Laufe eines Tages kom­men immer wie­der neue Punkte dazu. Egal ob das Feed­back vom Kun­den end­lich ein­ge­gan­gen ist oder einem spon­tan noch etwas ein­fällt. Viele bege­hen hier den Feh­ler und ver­su­chen diese Auf­ga­ben direkt in der To-Do-Liste zu ver­pla­nen oder schlim­mer noch, sie noch irgend­wie auf die heu­tige Liste zu quet­schen. Neue Punkte, die im Laufe des Tages ent­ste­hen, sollte man sich defi­ni­tiv fest­hal­ten, aber in neun von zehn Fäl­len haben sie ein­fach nicht die Prio­ri­tät, um noch am glei­chen Tag erle­digt wer­den zu müs­sen. Hierzu nutzt man, die Zeit kurz vor oder nach dem Fei­er­abend, prio­ri­siert die Punkte durch und nimmt sie in die Liste für einen ande­ren Tag auf – je nach Dringlichkeit.

Digital vs. Analog – Die ewige Suche nach dem perfekten System

Die digitale Revolution hat uns eine Vielzahl leistungsfähiger Tools beschert. Von KI-gestützten Task-Managern bis hin zu komplexen »Second Brain« Systemen wie Notion – die Auswahl scheint endlos. Doch trotz aller technologischen Fortschritte gibt es etwas zeitlos Befriedigendes an einem analogen Blatt Papier mit einer überschaubaren Liste von Aufgaben. Das physische Durchstreichen oder Abhaken eines erledigten Punktes erzeugt ein Gefühl von Erfolg, das sich durch keinen digitalen »Erledigt«-Button replizieren lässt.

Digitale Tools sind dennoch nicht zu unterschätzen – besonders wenn es um Teamarbeit geht. Sie ermöglichen eine nahtlose Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung über Distanzen hinweg. Der Trick liegt darin, das Beste aus beiden Welten zu vereinen: Digitale Tools für die Projekt- und Teamorganisation, analoges Papier für die persönliche, tägliche Fokussierung.

Die Notification-Falle

Was anfangs als hilfreiche Erinnerung gedacht war, kann schnell zur Produktivitätsbremse werden. Push-Benachrichtigungen von Task-Management-Apps unterbrechen regelmäßig den Arbeitsfluss und können mehr stören als unterstützen. Die ständigen Erinnerungen führen oft dazu, dass wir die Apps komplett ignorieren oder gar deinstallieren – ein klassischer Fall von gut gemeint, aber schlecht umgesetzt.

Weniger Tools, mehr Fokus

Der Optimierungsdrang kann uns dazu verleiten, mehrere Produktivitätstools parallel zu nutzen. Ein Tool für private Projekte, eines für die Arbeit, eines für kreative Ideen – schnell verliert man den Überblick. Eine bewährte Kombination ist die Nutzung eines digitalen Systems wie Notion für die langfristige Projekt- und Ideenverwaltung, ergänzt durch eine handgeschriebene, tägliche To-Do-Liste für den aktuellen Fokus.

Home Office: Wenn der Arbeitsplatz immer präsent ist

Was vor der COVID-19-Pandemie noch als Privileg galt, wurde für viele zur neuen Realität: das Arbeiten von zu Hause. Dabei wurde deutlich, dass Home Office genauso »Office« ist wie jedes andere Büro – wenn nicht sogar anspruchsvoller. Die räumliche Nähe zwischen Arbeit und Privatleben erfordert ein höheres Maß an Selbstdisziplin. Die Verlockung, »nur schnell« die Spülmaschine auszuräumen oder abends »noch kurz« die Emails zu checken, ist allgegenwärtig.

Gerade im Home Office ist eine klar strukturierte To-Do-Liste unerlässlich. Sie hilft dabei, Arbeits- und Privatleben zu trennen und den Arbeitstag bewusst zu beginnen und zu beenden. Die Liste wird zum »Anker« im Home-Office-Alltag, der Struktur und Fokus gibt, wenn die üblichen Büroroutinen fehlen.

Ergänzende Produktivitätsmethoden

Während To-Do-Listen das Fundament guter Arbeitsorganisation bilden, haben sich in den letzten Jahren weitere Methoden etabliert, die sie sinnvoll ergänzen können:

  • Time-Blocking: Reservierung fester Zeitblöcke für wichtige Aufgaben
  • Deep Work: Fokussierte Arbeitsphasen ohne Unterbrechungen
  • Digital Detox: Bewusste Auszeiten von digitalen Ablenkungen

Diese Methoden können die Effektivität von To-Do-Listen verstärken, sollten sie aber nicht verkomplizieren. Der Grundsatz »Weniger ist mehr« gilt nach wie vor.

Die 2-Minuten-Regel

Ich gebe zu, frü­her war ich auch einer die­ser fana­ti­schen To-Do-Listen Anwen­der, die wirk­lich jede Tätig­keit fest­ge­hal­ten haben. Egal ob »Pflan­zen gie­ßen« oder »Arbeits­platz auf­räu­men«, meine To-Do-Liste war voll von Din­gen, die sich inner­halb von kür­zes­ter Zeit hät­ten erle­di­gen las­sen. Doch statt diese kur­zen Auf­ga­ben direkt zu erle­di­gen, schrieb ich sie lie­ber auf meine To-Do-Liste – was oft mehr Zeit in Anspruch nahm als die Auf­gabe selbst. Meine Liste war täg­lich 30 Punkte schwer aber erle­di­gen konnte ich täg­lich nur fünf bis acht. Dazu kamen täg­lich immer wie­der neue Punkte zu der Liste hinzu, wel­che sie mehr und mehr auf­bläh­ten. Um es kurz zu machen: Meine Pflan­zen hat­ten keine Prio­ri­tät mehr, mein Arbeits­platz wurde immer chao­ti­scher und ich hatte immer mehr das Gefühl nichts erle­digt zu haben, weil meine To-Do-Liste bei Tagesende immer min­des­tens zehn alte Punkte beinhal­tete, für die mir schlicht die Kraft fehlte. Die Kon­se­quenz dar­aus war, dass ich immer unmo­ti­vier­ter an die Arbeit ging und mich von den vie­len Punk­ten ein­fach über­for­der gefühlt habe. Aus die­sem Grund sollte man klei­nere Auf­ga­ben die maxi­mal 2 Minu­ten dau­ern, direkt erle­di­gen und sie erst gar nicht auf die To-Do-Liste schrei­ben. Sind sie erst mal auf der Liste, beschäf­tigt man sich unter­be­wusst immer wie­der mit die­sen Punk­ten, die einen sol­chen Kraft­auf­wand gar nicht ver­dient haben.

Die Arbeit ist nicht alles!

Auch wenn mir meine Arbeit wirk­lich Spaß macht, so ist es immer noch Arbeit. Und wie jede andere Tätig­keit, wird auch diese irgend­wann ein­mal zu viel und der Kopf sagt: »Bis hier und nicht wei­ter!« Lei­der schei­nen viele die­sen Punkt wil­lent­lich zu igno­rie­ren und gehen täg­lich über ihre Belas­tungs­gren­zen, weil sie im Irr­glau­ben leben: »Wer viel schafft, der schafft auch viel!« Jedoch bele­gen immer mehr Stu­dien, dass klei­nere und grö­ßere Aus­zei­ten von der Arbeit die Pro­duk­ti­vi­tät signi­fi­kant erhö­hen und Feh­ler­quote dras­tisch ver­rin­gern kön­nen.

Time to Talk!

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