Grafikdesign, wie wir es kennen, ist mit seiner vielleicht größten Revolution konfrontiert: Künstlichen Intelligenz (KI). Was viele Designer nicht erkennen: Die Integration von KI in ihre tägliche Arbeit ist keine Bedrohung, sondern eine Erweiterung. Die Verbreitung von KI im Designprozess ist lässt sich mit dem Schritt von handgemalten Schildern hin zu computergestützten Layouts vergleichen. Es ist eine Weiterentwicklung, keine Ablösung. Dieser Artikel befasst sich mit der Frage, wie KI unser Berufsbild als Grafikdesigner transformiert, nicht ersetzt, und bietet Einblicke, wie du als Gestalter KI nutzen kannst, um deine Kreativität und Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
Die Integration von KI ist ein unaufhaltsamer Trend – nicht nur in der Designbranche. Nur wer sich aus Angst vor den damit verbundenen Veränderungen nicht auf sie einlässt, wird sehr schnell ins Hintertreffen geraten und final ersetzbar. In diesem Artikel geht es daher darum, wie KI unsere Arbeit ergänzen, nicht ersetzen, kann. Los geht’s!
Was ist Künstliche Intelligenz eigentlich?
Bevor wir uns mit den Auswirkungen von KI / AI auf unsere Arbeit als Designer beschäftigen, schauen wir uns kurz an, was künstliche Intelligenz eigentlich ist. Wer sich schon etwas auskennt, kann diesen Part auf übersoringen.
Künstliche Intelligenz (KI) / Artificial Intelligence (AI) ist ein interdisziplinäres Gebiet der Informatik, das sich der Erschaffung von Systemen widmet, die in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen, die bisher nur durch menschliche Intelligenz übernommen werden konnten.
Dabei existieren derzeit drei KI-Konzepte, die unter den Akkronymen ANI, AGI und ASI bekannt sind.Sprechen wir heute von künstlicher Intelligenz, meinen wir fast ausschließlich Artificial Narrow Intelligence (ANI). Diese Systeme sind auf gewisse Aufgaben spezialisiert, verfügt jedoch nicht über kognitive Fähigkeiten. Die bekanntesten Beispiele hierfür sind ChatGPT, Stable Diffusion oder Midjourney. Während ChatGPT vor allem für die Erstellung von Textinhalten konzipiert ist, handelt es sich bei Midjourney sowie bei Stable Diffusion um KI-Systeme, welche ausschließlich für die Erstellung von Grafiken konzipiert sind. Alle heute verwendeten Systeme sind ANI-Systeme. Sowohl bei Artificial General Intelligence (AGI) als auch bei Artificial Superintelligence (ASI) handelt es sich bisher nur um Konzepte für die nächsten Stufen künstlicher Intelligenz, die den kognitiven Fähigkeiten menschlicher Gehirne ebenbürtig (AGI) oder deutlich überlegen (ASI) sind.
Im Design wird Künstliche Intelligenz für diverse Aufgaben genutzt. Von automatisierter Retusche bis zur kompletten Erstellung von Bildinhalten. Dabei sind KI-Tools derzeit keine Bedrohung für Designer, sondern unterstützen uns vor allem bei repetitiven und zeitintensiven Aufgaben. Sie können jedoch auch eingesetzt werden, um neue gestalterische Möglichkeiten zu eröffnen und personalisierte Lösungen für Kunden anzubieten.
Grafikdesign: Welchen Nutzen hat KI im Alltag?
Wahrscheinlich denken die meisten bei den Stichwörtern KI und Grafikdesign direkt an generative Designnetzwerke, mit denen sich Assets oder ganze Bildwelten erstellen lassen. Doch generative Werkzeuge sind nur ein Teil des großen Ganzen, wie künstliche Intelligenz unsere alltäglichen Aufgaben vereinfachen und teilweise übernehmen wird. Schauen wir uns daher einmal an, wo uns solche Systeme im Job helfen werden.
Bildverarbeitung
Ob kleinere Retuschen, Farbkorrekturen oder das Freistellen von Objekten wie beispielsweise Produktshots. Jeder Designer kennt diese, nicht gerade erfüllenden Aufgaben. Vor allem das Freistellen komplexer Objekte oder das Hochskalieren von zu kleinen Bilddaten sind im beruflichen Alltag nicht wegzudenken. Wie viel Zeit und Nerven mich die Freistellung von Haaren oder anderen Objekten in den letzten 15 Jahren gekostet hat, kann ich nur schätzen, aber definitiv zu viel! Moderne KIs erledigen selbst Freisteller von komplexen Objekten heute in wenigen Sekunden und benötigen nur noch wenig bis keine Nachbearbeitung. Das Hochskalieren von zu klein aufgelösten Bilddaten war bisher mit deutlichen Qualitätseinbußen verbunden und teilweise mussten die Ergebnisse im Nachgang retuschiert werden, um zumindest die wichtigsten Bildinformationen wieder herzustellen. Mithilfe von künstlicher Intellgienz ist auch diese Aufgabe heute eine weniger auf meiner Liste. Die KI erkennt den Inhalt des Bildes und bildet fehlende Bildinformationen (Strukturen, Linien, etc.) nach, was für die allermeisten Anwendungen bereits vollkommen ausreicht. Als Designer muss ich nur noch das Ergebnis auf etwaige Fehler kontrollieren.
Asset-Management
Du jonglierst mit einer ganzen Menge an Bilddaten oder anderen, grafischen Assets, dann sind KI-Systeme zur Verwaltung von Assets pures Gold. Diese könnne die Inhalte von Bildern analysieren und automatische Schlagwörter für eine bestmögliche Auffindbarkeit vergeben. Du brauchst ein bestimmtes Bild, kennst dessen Farbstimmung oder den Inhalt? Schlagwörter eingeben, Bild finden, fertig! Vorbei die Zeit der aufwendigen Suche oder der manuellen Verschlagwortung von Medien.
Projektplanung
Neben dem Übernehmen von alltäglichen Kleinstaufgaben, zeigt sich der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Projektmanagement als überaus hilfreich und hilft auch kleinen Freelancern dabei, wettbewerbsfähig zu werden oder dies zu bleiben. Auf Basis von vorangegangenen Projekten kann KI sowohl die Planung der einzelnen Projektabschnitte, die Bereitstellung von Informationen übernehmen und auch mögliche Schwachpunkte oder fehlende Informationen aufzeigen und Abläufe optimieren und an die jeweils zuständigen Personen zu leiten. Auch die automatische Zusammenfassung von Projektfortschritten und das Erstellen von Kostenvoranschlägen können durch selbstlernende Systeme übernommen werden.
Designoptimierung
»Kein Plan überlebt die erste Feindberührung!« Was Helmuth von Moltke einst so treffend für das Militär formulierte, gilt auch im Marketing und Design. Egal ob wir ein Poster, eine Infobroschüre oder ein Layout für einen komplexen Online-Shop gestalten, der Plan dahinter ist die bestmögliche Aufbereitung von Informationen für die jeweilige Zielgruppe. Während es bisher nur großen Kunden möglich war, Designs an der Zielgruppe zu testen und mögliche Schwächen zu identifizieren, können KI-Systeme diese Aufgabe bereits heute im gewissen Umfang übernehmen. So nutze ich KI, um meine Layouts mithilfe von Heatmaps, Focus Maps und die Sichtbarkeit wichtiger Elemente (Buttons, Headings, etc.) zu messen, anzupassen und mit dem Ist-Zustand zu vergleichen.
Kundenkommunikation
Keine Sorge, KI soll und kann den persönlichen Kontakt zu Kunden nicht ersetzen. Allerdings kann sie auch hier alltägliche Aufgaben übernehmen, wie das Umformulieren von Marketingsprech in einfache Sprache, die Beantwortung alltäglicher Anfragen und die automatische Rückmeldung, sollten Kundeninformationen sich in Teilen widersprechen oder anderweitig interferieren. Teilweise habe ich KI in Projekten eingesetzt, um Kunden zeitsparend und fortwährend über den Projektfortschritt zu informieren und Informationen einzuholen, die sich während der Arbeit am Projekt ergeben haben oder die für den nächsten Schritt entscheidend sein könnten. In dem das System durch bereitgestellte Texte lernen konnte, verfasste es E-Mails in meinem persönlichen Schreibstil und Ton.
Datenanalyse & Marketing
Vorbei die Zeit, als man sich Stunden lang mit den Reports von Analytics, SEMrush oder das durchlesen von Nutzerfeedback herumschlagen musste, um die wichtigsten Erkenntnisse zu erhalten. Die Datenanalyse ist das Steckenpferd von KI und das älteste Anwendungsgebiet für solche Systeme. Je nach eingesetztem System, müssen zwar die Datensätze noch manuell Bereitgestellt werden, als Link, PDF oder Textdatei, aber die Auswertung erfolgt automatisch und liefert einem die wichtigsten Erkenntnisse und kann dabei auch gleich die erkenntnisse nach demografischen Merkmalen der Sub-Zielgruppen aufbereiten. Was früher Tage oder Wochen in Anspruch nahm, passiert hier in Minuten oder Sekunden. Direkt eingebundene Systeme können hierbei Feedback in Echtzeit aus mehreren Quellen aufbereiten. Pures Gold, um Fehlerquellen schnell zu identifizieren und zu beseitigen bzw. auf Ereignisse zu reagieren.
Konzept und Ideenentwicklung
Durch die Integration von KI in klassische Methoden zur Ideenfindung – wie Mind Mapping und Brainstorming – lässt sich der kreative Prozess im Grafikdesign deutlich beschleunigen. Auf der Basis großer Datenmengen und bewährter Designmuster erzeugen KI-gestützte Tools automatisch umfangreiche und vielfältige Ideenverzweigungen beim Mindmapping. Beim Brainstorming fungiert KI als dynamischer Impulsgeber, indem sie Daten und grafische Beispiele bereitstellt, welche die Auseinandersetzung anregen. Dank dieser Synergie zwischen menschlicher Kreativität und KI-gesteuerter Datenanalyse lassen sich fundierte, innovative Designlösungen schneller und effizienter entwickeln.
Visualisierung
Du hast einen gewissen Stil, eine Stimmung oder eine Idee im Kopf und möchtest diese deinem Team so vorstellen, dass jeder dasselbe Verständnis hat? Dann sind Midjourney, DALL-E oder Stable Diffusion die erste Anlaufstelle. Mithilfe dieser Systeme lasen sich schnell Konzepte in visuell ansprechende Bilder umsetzen, die eine unmissverständliche Sprache sprechen. So lassen sich beispielsweise schnell aussagekräftige Moodbboards erstellen, die einem
Farbauswahl
Vor allem bei Branding-Projekten ist die Wahl der richtigen Unternehmensfarbe eine elementare Aufgabe. Soll sie doch zum Unternehmen, dessen Werten und Zielen passen, die korrekte Botschaft übermitteln und sich zugleich vom Farbspektrum der Mitbewerber unterscheiden, um eine bestmögliche Position am Markt zu gewährleisten. Durch die farbliche Analyse der Mitbewerber und den Präferenzen der anvisierten Zielgruppe lassen sich dank KI schnell Farbschemas bestimmen, die sich für den strategischen Einsatz im Branding eignen.
Unterstützte Contenterstellung
Häufig wird Content gerne mit Texterstellung gleichgesetzt, dabei zählen zur Content Creation auch Bild, Video und Tonmaterial. Für das vollständige automatisieren von Inhalten ist KI heute noch deutlich zu fehleranfällig und außerdem fehlt es ihr am Gespür für menschliche Emotionen. Allerdings kann Sie bei der Erstellung unterstützen. So lassen sich aus Blogbeiträgen die wichtigsten Punkte extrahieren, umformulieren und somit für die Verwendung auf Social Media optimieren. Andersrum lassen sich Podcastfolgen oder YouTube-Videos hervorragend im eigenen Ton und Schreibstil als Blogbeiträge umformulieren, während die KI die Inhalte und Aussagen aus der Audiospur übernimmt und nur mit der umformulierung beauftragt ist.
Recherche
Systeme wie Perplexity sind meine absoluten Must-Haves wenn es um die Recherche von Fakten geht. Anders als beispielsweise ChatGPT (v. 3.5), greifen Perplexity und Co. auf das Internet zurück und liefern Aussagen und Fakten inkl. deren Quellenangabe, weswegen die Aussagen leicht was echt verifiziert oder als falsch oder fehlerhaft bewertet werden können. So habe ich auch für diesen Beitrag KI-Unterstützte Recherce verwendet, um Unklarheiten und Fakten zu Recherchieren.
Qualitätskontrolle
Bei komplexen Gestaltungsaufgaben, wie beispielsweise großen E-Commerce-Systemen, und wenn mehrere Designer oder Teams mit einer Aufgabe beschäftigt sind, schleichen sich schnell kleinere Fehler ein. Haben die Entwickler den korrekten Border-Radius für alle Buttons verwendet? Sind Abstände zwischen Elementen konsistent gewählt? Zeigen alle relevanten Elemente die korrekte Unternehmensfarbe, -schriften und wurden Letztere in den vorgegebenen Größen verwendet? Fragen, die sich durch KI schnell und effizient aufzeigen und anschließend schnell beheben lassen.